Wie ich bereits in der Einleitung zu diesen Blog beschrieben habe, geht es mir hauptsächlich darum meine eingenen Gedanken zu Papier zu bringen. Wer sich jetzt also beim Lesen eine neue Studie oder Erkenntnisse zum Thema Robot Recruiting erhofft, der sei gewarnt. Darum geht es hier nicht. Aber hier nun meine zwei Cent dazu:
Was ist „Robot Recruiting“?
Das Employer Branding-Wiki definiert „Robot Recruiting“ wie folgt:
Mit dem Begriff Robot Recruiting wird eine teilweise Automatisierung des Rekrutierungsprozesses beschrieben, bei dem Beurteilung und Auswahl eines Bewerbers anhand von Algorithmen durchgeführt werden. Durch den Einsatz einer datenbasierten Analysesoftware soll gewährleistet werden, dass der Auswahlprozess sowohl schnell und effizient als auch gerecht und frei von irgendwelchen Vorurteilen ablaufen soll.
Wir versprechen uns also eine schneller, effizientere und treffsichere Auswahl von Bewerbern. Alles in allem gute Argumente dafür. Und es ist in der Tat so: eine entsprechend programmierte Software trifft ihre Entscheidungen unabhängig von eigener Sozialisierung oder Vorurteilen. Sie ist, im optimalen Fall, weder rassistisch noch sexistisch. Alle Entscheidungen werden auf rein rationaler Basis getroffen und sollen, in der Theorie, zu 100% valide sein. Darüber hinaus ist eine Software in der Regel schneller als jeder Mensch. Sie ist in der Lage komplexe Sachverhalte innerhalb weniger Sekunden auf die entsprechenden Schlagworte und Hinweise zu durchsuchen.
Warum wurden wir dann nicht bereits alle durch Roboter ersetzt?
Und genau in den Stärken des Robot Recruiting liegt auch ihre Schwäche. Menschliche Lebensläufe, Handlungen und auch deren Dokumentation basiert nicht immer auf einer rationalen Basis. Gerade Fachexperten verfassen ihre Lebensläufe oft nicht so, wie es sich ein Recruiter immer wünschen würde. Wer darauf setzt, ein dringend gesuchter Programmierer würde in seinen sozialen Profilen und in seinem Lebenslauf eine optimale Verschlagwortung anwenden ist auf dem Holzweg. Wie oft haben wir schon den Satz gehört „Das weiß man doch!“. Nein, das weiß man nicht und auch der Kollege Roboter ist (noch) ohne eine zumindest grundlegend korrekte Verschlagwortung aufgeschmissen. Und läuft nicht genau dieser Fakt dem steten Ruf nach weniger Unterlagen bei der Bewerbung entgegen? Zwinge ich jetzt also den Bewerber in ein kompliziertes Bewerbungsformular, nur um den Bot zu füttern? Ich glaube wir alle kennen die Antwort…
Wozu also „Robot Recruiting“?
Tatsächlich kann der Bot uns an einigen Punkten assistieren. Gerade im Sourcing kann ein Bot kontinuierlich die Sozialen Netwerke nach passenden Profilen durchkämmen. Auch in Auswahlprozessen kann er uns den richtigen Weg weißen, indem er den Teil der Auswertung übernimmt, in denen es um harte Fakten geht. Passt der Bewerber fachlich zu unseren Anforderungen? Im optimalen Fall kann er uns auch den nötigen Fingerzeig geben, wenn das veröffentlichte Verhalten eines Bewerbers nicht unserer Corporate Culture entspricht.
Aber sobald es darum geht, zwischen den Zeilen zu lesen oder vielleicht auch mal das Potential eines Bewerbers zu ergründen, versagt das Robot Recruiting. Zu wenige oder keine verwertbaren Daten können den Kollegen Roboter ebenso schnell aufs Glatteis führen. Ein Beispiel dafür ist der Java-Entwickler, der in seiner gesamten Bewerbung keinen einzigen Hinweis auf den Skill „Java“ gibt. Ich bin selbst kein Informatiker sondern Laie. Daher lasse ich mich gerne vom Gegenteil überzeugen. Solange aber die bereits bestehenden Bots im Netz mir nach wie vor Dinge zum Kauf auf Amazon empfehlen, die ich dort bereits gekauft habe, bleibe ich skeptisch. Bisher mag ich in den Roboter-Recruitern nur eine Art Fahrassistenzsystem zu geben, das mich navigieren und mich auf der Spur halten kann. Der Pilot bleibt (noch) der Mensch. Aber warum soll in der Personalauswahl nicht irgendwann auch das möglich sein, was auf der Straße bereits Realität ist…
Ein Gedanke zu „Robot Recruiting – my two cents“