Die Verschiedenen Formen des Fachkräftemangels
In meinem Artikel „Gibt es „einen“ Fachkräftemangel?“ habe ich bereits angesprochen, dass es in meinen Augen nicht „den“ Fachkräftemangel gibt, sondern, dass es verschiedenen Ausprägungen dieses Phänomens gibt. Dabei orientieren sich verschiedenen Formen in meinem Raster am klassischen Beschaffungsauftrag der Personalwirtschaft. Nämlich das Personal „zur richtigen Zeit, am richtigen Ort, in der richtigen Menge, mit der richtigen Qualität zum richtigen Preis“ zur Verfügung zu stellen.
Zeit | Menge | Ort | Qualifikation | Preis | |
Zeit | Temporärer Fachkräftemange | ||||
Menge | Quantitativer Fachkräftemange | ||||
Ort | Lokaler Fachkräftemangel | ||||
Qualifikation | Qualitativer Fachkräftemangel | ||||
Preis | Pekuniärer Fachkräftemangel |
Meine Liste ist (noch) nicht vollständig und wird in unregelmäßigen Abständen noch das ein oder andere Update erfahren. Aber ich denke für einen ersten Überblick ist sie absolut ausreichend.
Temporärer Fachkräftemangel
Beim „Temporären Fachkräftemangel“ handelt es sich um die häufigste Form. Es bedeutet, am Standort gibt es ausreichend Fachkräfte mit der entsprechenden Qualifikation zu einem akzeptablen Lohnniveau. Diese sind allerdings aktuell nicht verfügbar (z.B. Saison, bestehende Arbeitsverträge / Kündigungsfristen).
Dabei handelt es sich nicht um einen „echten“ Fachkräftemangel. Es gibt in Frage kommende Kandidaten. Diese sind allerdings temporär nicht verfügbar. Es besteht also kein „Mangel“ an entsprechenden Mitarbeitern (m/w). Diese werden jedoch erst in der Zukunft verfügbar sein.
Diese Form tritt häufig in Kombination mit anderen Formen auf. Dies ergibt dann einen „echten Fachkräftemangel“. Mehr dazu weiter unten im Text.
Quantitativer Fachkräftemangel
Hier stehen aktuell lokal Fachkräfte mit der entsprechenden Qualifikation zu einem akzeptablen Preis zur Verfügung, allerdings nicht in ausreichender Zahl.
Auch hier handelt es sich um einen einfachen Fachkräftemangel. Auch hier gibt es entsprechende Kandidaten. Diese stehen jedoch nicht in ausreichender Menge zur Verfügung. Gründe sind z.B. relativ neue Qualifikation / technologischer Umbruch, auslaufende Technologien, etc..
Ebenso tritt diese Form selten alleine, sondern in der Regel mit anderen Formen des Fachkräftemangels auf.
Lokaler Fachkräftemangel
Von einem lokalen Fachkräftemangel sprechen wir, wenn aktuell Fachkräfte mit entsprechender Qualifikation und zu einem akzeptablen Preis zur Verfügung stehen, jedoch nicht am Standort des Arbeitgebers oder der Vakanz.
Tatsächlich kann es andernorts ein Überangebot der entsprechenden Fachkräfte geben. Er entsteht z.B. durch regionale Umbrüche (Migrationsbewegungen, Strukturelle Probleme, wirtschaftliche Booms, etc.).
Qualitativer Fachkräftemangel
Am Standort gibt es ausreichend Fachkräfte. Diese stehen auch kurzfristig und zu einem akzeptablen Preis zur Verfügung. Allerdings sind diese nicht ausreichend qualifiziert.
Auch hier kann es andernorts ein Überangebot an ausreichend qualifizierten Fachkräften geben. Andererseits besteht grundsätzlich auch die Möglichkeit fehlende Fachkompetenzen zu schulen. Deshalb spreche ich auch hier nur von einem unechten / einfachen Fachkräftemangel.
Pekuniärer Fachkräftemangel
Es stehen ausreichend Fachkräfte mit der entsprechend Qualifikation am Standort zur Verfügung. Jedoch nicht zu einem „akzeptablen“ Preis.
In der Regel ist dies eher Folge eines anderen Fachkräftemangels. Z.B. wird ein lokaler Fachkräftemangel den „Preis“ der verbleibenden Fachkräfte am Standort in die Höhe treiben (Prinzip von Angebot und Nachfrage).
Echter, unechter und absoluter Fachkräftemangel
In meinen Ausführungen habe ich mehrfach auf einen „unechten“ Fachkräftemangel verwiesen. Was bedeutet das also für mich?
Grundsätzlich spreche ich bei Vorliegen eines einzigen Faktors von einem „einfachen“ oder auch „unechten“ Fachkräftemangel. Sehr schön sieht man das am Beispiel eines „temporären Fachkräftemangels“. Dabei gibt es genügend, gut ausgebildete Fachkräfte. Diese sind allerdings oftmals bereits in Lohn und Brot und stehen somit nicht kurzfristig, sondern nur nach einer mehr oder weniger langen Kündigungsfrist zur Verfügung. Dieser Zustand ist quasi das Gegenstück zur „Friktionellen Arbeitslosigkeit“. Bei dieser entsteht Arbeitslosigkeit beim Übergang vom einem in ein anderes Arbeitsverhältnis. Dabei handelt es sich zwar grundsätzlich um Arbeitslosigkeit, welche sich jedoch auf absehbare Zeit von alleine auflöst. Das Gleiche gilt für den temporären Fachkräftemangel. Dieser besteht zwar, löst sich aber auf absehbare Zeit (z.B. mit Semesterende, dem Ende des Ausbildungsjahres oder dem Ende der Kündigungsfrist) automatisch auf.
Dabei ist zu erwähnen, dass die meisten einfachen Formen des Fachkräftemangels, wie von mir beschrieben, nie isoliert auftreten. Meistens erscheinen sie als Folge eines anderen Mangels oder gemeinsam mit diesem. So folgt ein pekuniärer Fachkräftemangel in der Regel stets z.B. auf einen räumlichen Fachkräftemangel um diesen auszugleichen (einfaches Prinzip von Angebot und Nachfrage).
Zu einem „echten Fachkräftemangel“ kommt es hingegen, wenn zwei der genannten Faktoren zusammenfallen. So z.B. der temporäre und der qualitative Fachkräftemangel. Dies würde bedeuten, dass aktuell keine oder zu wenige Fachkräfte mit ausreichender Qualifikation zur Verfügung stehen und, dass dieser Zustand sich auch in absehbarer Zeit (z.B. durch Ausbildung, Schulung, etc.) nicht beheben lässt.
Tritt nun noch ein weiterer Faktor hinzu (z.B. ein pekuniärer Fachkräftemangel) spreche ich von einem absoluten Fachkräftemangel. Um im Beispiel zu bleiben: stehen jetzt bereits aktuell und in absehbarer Zeit nicht die entsprechenden Fachkompetenzen zur Verfügung, steigt parallel der „Wert“ der wenigen zur Verfügung stehenden Fachkräfte durch das Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage. Die Unternehmen mit den entsprechenden Bedarfen werden gezwungen die Mitarbeiter untereinander, u.a. durch Zahlung von höheren Gehältern oder Abwerbeboni, abzuwerben. Für Unternehmen welche nicht willens oder nicht in der Lage sind diese Gehaltsspirale mit zu treiben entwickelt sich nun die Situation eines „absoluten Fachkräftemangels“.
Verschiedene Kombinationen möglich
Natürlich sind im Rahmen dieser Matrix verschiedene weitere Kombinationen möglich. Jede Ausprägung stellt ihre eigenen Anforderungen an Recruiting, Personalmarketing, Personalentwicklung und auch an die Politik. So werden wir einem qualitativen Fachkräftemangel mit überregionalem Recruiting und internen Personalentwicklungsmaßnahmen begegnen können. Auf der anderen Seite entsteht dadruch natürlich, besonders durch ersteres, wieder andernorts ein regionaler Fachkräftemangel. Sowie es meine Zeit zulässt werde ich diesen Artikel weiter updaten und auch auf diese Formen eingehen.
Bis dahin interessiert es mich natürlich, ob ihr meine Einschätzung teilt. Insbesondere die Aufteilung in echten, unechten und absoluten Fachkräftemangel. Ich freue mich auf eure Kommentare und natürlich eure Meinung dazu.
Klasse Beitrag.! Das zeigt wieder mal, dass sich nachdenken lohnt ind sudern behindert. Viel Erfolg,!