Wie suchen potentielle Kandidaten / Bewerber heutzutage nach Stellen? Die Antwort auf diese Frage liefern diverse Umfragen einschlägiger Portale: Google. Ich selbst bin auf die Frage, wie sich dieser Trend weiter entwickeln könnte in meinem Beitrag „Ok Google, such mir einen Job!“ eingegangen.
Ich habe mir in den letzten Tagen etwas genauer Gedanken gemacht, wie die aktuellen Trends und Produktentwicklungen aus dem Hause Alphabet in den nächsten Jahren (ich rede hier eher von max. 5 Jahren) Einfluss auf den Recruitingprozess nehmen könnten. Das Ganze habe ich in einer kleinen Grafik (hey, hässlich aber selbst gemacht…) zusammengefasst.
Suche aus einem Guss
In meiner Vorstellung gibt der Jobsuchende seine Suchwünsche, entweder direkt oder per Assistenten bei Google ein. Headhunter und Unternehmen tun das gleiche, indem sie ihre Angebote via Google eigenem ATS verwalten und direkt via Google-Jobs veröffentlichen.
Das bietet direkt mehrere Vorteile. Für Unternehmen dürfte es recht bequem sein, da Googles ATS grundsätzlich mit einer perfekt passenden Schnittstelle zu Google Jobs ausgestattet sein dürfte. Das bedeutet, dass ich ohne große Schnittstellenverluste meine Jobs direkt im weltweit größten Suchnetzwerk verwalten kann.
Für die Kandidaten bietet sich der Vorteil, dass sie ohne Registrierung, Anmeldung oder ähnliches Zugriff auf eine große Anzahl von Jobs haben. Durch die direkte Schnittstelle von „Jobbörse“ und ATS und durch die Tatsache, dass beide System „dieselbe Sprache sprechen“ dürfte auch ein Parsing bzw. eine korrekte Verschlagwortung der einzelnen Ausschreibung ohne Probleme möglich sein. Dadurch wäre es für den User grundsätzlich auch sehr einfach möglich, seine Suchanfragen über die Sprachassistenten / KIs aus dem Hause Google einzugeben.
Automatischer Suchabgleich
Gleichzeitig könnte der User Google direkten Zugriff auf seine persönlichen Daten in den diversen sozielen- und Businessnetzwerken gewähren. Auch eine Anbindung von weiteren Stellenbörsen und Netzwerken wäre grundsätzlich denkbar. Auch hier wäre es grundsätzlich möglich, dass Google ein automatisches Parsing der persönlichen Angaben übernimmt und dies mit den veröffentlichten Stellen abgleicht.
So simpel sich das auch liest, der Paradigmenwechsel wäre enorm. Wir sind somit an einem Punkt angekommen bei dem es (auch in Anbetracht der stetig wachsenden Fähigkeiten moderner KIs) möglich wäre, dass das System an diesem Punkt komplett die Steuerung des Prozesses übernimmt.
Im ersten Schritt wäre es z.B. möglich, dass Google direkt die Anforderungen aus der Ausschreibung mit den Angaben im Kandidatenprofil abgleicht. Im zweiten Schritt würde automatisch eine Shortlist in Frage kommender Kandidaten an das Unternehmen gesandt sowie eine Liste passender Stellen an den Kandidaten.
Im Tinder-Prinzip würde Google dann bei übereinstimmenden Feedbacks direkt (Zugriff auf den Kalender vorausgesetzt) einen Termin zu einem passenden Zeitpunkt mit allen in Stakeholdern vereinbaren. Der Job des klassischen Recruiters, der sich als Zerberus und Wächter über den Bewerbereingang versteht, wäre ebenso überflüssig, wie der des Headhunters, der in den Tiefen der Stellenbörsen die Jagd nach dem nächsten Profil betreibt.
Neues Recruiterprofil
Das Ganze schreit schon nach einem neuen Profilbild für die Recruiter von Morgen. Wenn die KI bereits Suche und den ersten Auswahlprozess für mich erledigen, was bleibt dann noch? In einem anderen Artikel bin ich bereits darauf eingegangen, dass Marketing und Recruiting, für mich, immer mehr zu einer Einheit verschmelzen. Und hier liegt auch das große Potential dieser Veränderung. Recruiter werden sich, so meine Voraussagung, in Zukunft wesentlich mehr als Markenbotschafter des Unternehmens verstehen. Quasi Vertriebler, Marketeer und Projektmanager in einem.
Während die KI meine Stellen verwaltet und Profile von potentiellen Kandidaten matched treibe ich die Prozess voran. Mache mir Gedanken wie ich meine Brand besser am Markt positioniere. Was erwarten potentielle Kandidaten von mir? Wie kann ich schneller und attraktiver für meine Zielgruppe werden? Welche Chancen bietet mir die Digitalisierung? Alle diese Fragen könnten in Zukunft eher Teil meiner Kernkompetenz sein als das eigentliche Sourcing. Für uns Recruiter, sei es in Unternehmen oder Agenturen, bietet sich damit die ungeahnte Chance Treiber von Innovationen im HR zu werden.
Was spricht dagegen?
Das alles klingt zunächst nach einer klassischen Win-Win-Situation. Sowohl Arbeitgeber als auch Kandidaten finden leicht zueinander. Und ich als Recruiter kann mich auf meine Kernaufgaben fokussieren. Aber, wo ist der Haken? Da gäbe es in der Tat noch einige Punkte zu nennen. Zum Beispiel die Frage nach der Datensicherheit. Wo liegen die Daten? Wie wird die Übermittlung über fremde Server geregelt? Und wie wird die Freigabe der Daten für die Unternehmen und Headhunter kontrolliert?
Auf all diese Fragen wird Google / Alphabet zeitnah ein Antwort finden müssen. Fest steht für mich nur, dass wenn sich die aktuelle Entwicklung so fortsetzt, daß obige Szenario nicht mehr wirklich weit entfernt ist. Alleine mit der Macht, die im eigenen ATS veröffentlichten Stellen ganz oben im eigenen Ranking platzieren zu können, inklusive der Querfinanzierung durch das eigene AdWords-Programm, könnte sich Google hiermit eine gewaltige Vormachtstellung sichern.
Wie seht ihr das? Eine denkbare Entwicklung oder nur entfernte Vision? Ich bin gespannt auf eure Kommentare.